Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.12.2023, Az. 21 W 91/23) hatte sich bereits im Jahre 2024 mit der Problematik der Einsetzung eines Hausarztes als Erbe auseinanderzusetzen. Unlängst entschied der Bundesgerichtshof höchstrichterlich über einen Fall aus Nordrhein-Westfalen (vgl. BGH, U.v. 02.07.2025 – IV ZR 93/24).
Sachverhalt
Im Fall aus Hessen über den das OLG Frankfurt am Main entschied, befand sich eine herzkranke, pflegebedürftige Patientin in hausärztlicher Behandlung. Die Patientin setzte ihren Hausarzt neben weiteren Personen testamentarisch als Miterben ein, legte dem Hausarzt das Testament vor und bat ihn, die Testierfähigkeit zu bescheinigen, was dieser auch tat. Nachdem die Erblasserin verstarb, beantragten der hier betroffene Arzt sowie weitere Miterben den Erbschein. Ein Miterbe hielt das Testament jedoch teilweise für unwirksam. Er begründete dies damit, dass die Erbeinsetzung des Arztes wegen eines Verstoßes gegen ärztliches Berufsrecht nach § 134 BGB unwirksam sei.
Im Fall über den der BGH unlängst entschied, schloss der Patient unter anderem mit seinem Hausarzt vor einem Notar eine als „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ bezeichnete Vereinbarung. In dieser verpflichtete sich der Hausarzt gegenüber dem Patienten zu verschiedenen ärztlichen Leistungen und Betreuungsleistungen. Als Gegenleistung sollte der Arzt im Falle des Todes des Patienten das Eigentum an einem Grundstück erhalten. Wenige Monate später verfügte der Patient in einem notariellen Testament, dass ihn die spätere Beklagte hinsichtlich seines in vorbenannten Vertrag nicht erfassten Vermögens allein beerben solle. Nach dem Tod des Patienten nahm die nunmehr Beklagte seinen Nachlass in Besitz. Einige Jahre später wurde über das Vermögen des Hausarztes das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm die Beklagte auf Übertragung des dem Arzt in der Vereinbarung zugewandten Grundstücks an die Insolvenzmasse in Anspruch.
Berufsrecht versus Testierfreiheit
In beiden Fällen wurde zunächst argumentiert, die Zuwendung sei gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. Im Kern sei nämlich das Verbot unerlaubter Zuwendungen nach § 32 Abs. 1 der Berufsordnung (inhaltsgleich in Hessen und Nordrhein-Westfalen) berührt. Demnach ist es „Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird.“
Eine solche Einflussnahme war auch nicht von der Hand zu weisen, wenn man bedenkt, dass dem Arzt seine Begünstigung bekannt war und er die Testierfähigkeit in diesem Wissen bestätigte. Der Fall aus Hessen landete dann beim OLG Frankfurt am Main. Dieses bestätigte mit Beschluss vom 21.12.2023 (Az. 21 W 91/23) zwar die Auffassung, dass es sich bei § 32 BO um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB handele und der Verstoß hiergegen grundsätzlich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts bewirke. Allerdings habe das Nachlassgericht verkannt, dass die Regelung in der Berufsordnung nur den Arzt als Mitglied der Ärztekammer betreffe. Hieraus ließen sich jedoch keine Testierbeschränkungen oder gar Testierverbote für den Erblasser ableiten. Eine gegenteilige Auffassung würde vielmehr sogar unangemessen in die verfassungsrechtlich verbürgte Testierfreiheit eingreifen.
Diese Auffassung wurde nun im Ergebnis in dem vor dem BGH anhängigen Verfahren auch bestätigt, der entschied, dass selbst ein unterstellter Verstoß gegen das Berufsrecht, hier konkret § 32 Abs. 1 BO, nicht zur Unwirksamkeit des Vermächtnisses nach §§ 134, 2171 Abs. 1 BGB führe. Auch der BGH betont, dass die berufsständische Vorschrift das Verhältnis zwischen Arzt und zuständiger Landesärztekammer betreffe und nur für dieses Verhältnis Verhaltensgrundsätze aufstelle. Die Vorschrift ziele lediglich auf den Schutz der Unabhängigkeit des ärztlichen Berufsstands und der Integrität der Ärzteschaft ab; schütze jedoch weder den zuwendenden Patienten noch die Erwartungshaltung seiner Angehörigen.
Im Hinblick auf die erbrechtliche Komponente stärkte der vierte Zivilsenat in seiner Entscheidung die Testierfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. Eine Beschränkung dieser verfassungsrechtlich verbürgten Freiheit sei nur aufgrund eines Parlamentsgesetzes möglich. Die berufsständische Regelung des § 32 BO wurde hingegen von einem Berufsverband erlassen und könne insofern schon keinen Eingriff darstellen. Ein Eingriff in die Testierfreiheit des Patienten wurde zudem durch den BGH als unverhältnismäßig angesehen.
Ausblick
Zuwendungen an Ärzte sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich testamentarisch möglich. Dennoch ist Vorsicht geboten: wie der BGH betonte, regelt das Berufsrecht das Verhältnis zwischen Ärzten und den zuständigen Landesärztekammern. Ob in der Annahme eines solchen Vermächtnisses ein berufsrechtlicher Verstoß gegeben ist, hat der BGH bewusst offengelassen. Ärzte sollten daher auch weiterhin dringend das Berufsrecht beachten und großzügige Geschenke besser ablehnen. Im Zweifel besteht sowohl für Ärzte als auch für Patienten Beratungsbedarf.
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