Das Arbeitsgericht Hamm hat mit Urteil vom 08.08.2025 (Az. 2 Ca 182/25) entschieden, dass ein Krankenhaus einem angestellten Chefarzt im Rahmen des Direktionsrechts verbieten kann, Abtreibungen vorzunehmen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Kläger ist seit vielen Jahren im Krankenhaus Lippstadt als Chefarzt tätig. Nach der Übernahme einer katholischen Trägergesellschaft im Dezember 2024 erging im Januar eine Dienstanweisung, in der es u.a. hieß:
„- Schwangerschaftsabbrüche dürfen in der Klinik nicht durchgeführt werden.
– Dieses Verbot gilt sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich.
– Ausnahme bildet die Situation, dass Leib und Leben der Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind, und es keine medizinisch mögliche Alternative gibt, mit der das Leben des ungeborenen Kindes gerettet werden könnte. Diese Ausnahmen müssen begründend dokumentiert und der Geschäftsführung bekannt gegeben werden.“
Seitens des Klinikums war dem Kläger im Jahre 2012 eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt worden, wonach er ambulante Behandlungen und Beratungen sowie ambulante Reproduktionsmedizin vornehmen und privatambulante Sprechstunden abhalten durfte. Diese Nebentätigkeitsgenehmigung wurde seitens der Arbeitgeberin im Januar 2025 dahingehend konkretisiert, dass von der Erlaubnis zur Ausübung der Nebentätigkeit die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen weder derzeit noch zukünftig umfasst sein werde.
Der Kläger wandte sich nun mit der Klage gegen diese Dienstanweisung sowie die Konkretisierung der Nebentätigkeitsgenehmigung.
Die Beklagte argumentierte, ein Arbeitgeber dürfe im Rahmen der unternehmerischen Freiheit darüber bestimmen, was in seinem Unternehmen passiere und was nicht. Der Kläger war dagegen der Auffassung, die Klinikleitung könne zwar Dienstanweisungen erteilen, diese dürften jedoch nicht den ärztlichen Bereich, sprich Diagnostik und Therapie, umfassen. Die Dienstanweisung übergehe den freien Willen der Patientin, das Gesetz sowie die ärztliche Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls.
Dieser Argumentation folgte die Kammer nicht. Das Gericht wies dabei u.a. darauf hin, dass laut Dienstanweisung medizinisch indizierte Abbrüche im Klinikum nicht kategorisch ausgeschlossen werden würden. Vielmehr seien diese weiterhin erlaubt, wenn „Leib und Leben der Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind, und es keine medizinisch mögliche Alternative gibt, mit der das Leben des ungeborenen Kindes gerettet werden könnte“.
Das Arbeitsgericht wies die Klage des Chefarztes ab und entschied damit, dass das Krankenhaus berechtigt gewesen ist, dem Kläger im Rahmen ihres Direktionsrecht die Durchführung von Abtreibungen unter Berücksichtigung der in der Dienstanweisung enthaltenen Ausnahme, zu untersagen. Dies gelte sowohl im stationären Bereich im Bezug auf die Tätigkeit des Arztes im Klinikum als auch hinsichtlich der Nebentätigkeit in dessen Privatpraxis.
Der Kläger hat bereits angekündigt, Berufung gegen dieses Urteil einzulegen. Es bleibt abzuwarten, wie das LAG den Sachverhalt beurteilen wird.