Das BSG hat mit Urteil vom 29.08.2023 (B 1 KR 15/22 R) die Voraussetzungen für die stationäre Aufnahme bei Notfallbehandlungen in einem Schockraum oder einer Stroke Unit abgesenkt. Demnach können Krankenhäuser Notfallbehandlungen, die bislang nur ambulant abgerechnet werden konnten, teilweise als stationäre Behandlung abrechnen.

In dem konkreten Fall wurde ein Patient aufgrund des Verdachts auf Vorliegen eines Schlaganfalls in der Stroke Unit des klagenden Krankenhauses behandelt und bereits nach 60 Minuten zur kathetergestützten Thrombektomie in ein anderes Krankenhaus verlegt.

Die beklagte Krankenkasse sah die Voraussetzungen einer stationären Behandlung vor diesem Hintergrund nicht erfüllt und argumentierte, dass die Klägerin den Versicherten lediglich ambulant als Notfall im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung behandelte.

Das BSG hatte in seinem Schockraum-Urteil vom 18.5.2021 (B 1 KR 11/20 R) eine stationäre Aufnahme selbst dann verneint und grundsätzlich eine ambulante Notfallbehandlung angenommen, wenn die parallel zur Aufnahmediagnostik stattfindende Notfallbehandlung die personellen und sächlichen Ressourcen des Krankenhauses in hohem Maße beansprucht. Stationäre Behandlung hatte das BSG nur ausnahmsweise angenommen, wenn zum Beispiel zur Herstellung der Transportfähigkeit eine Notoperation erforderlich war oder eine mehrstündige intensivmedizinische Behandlung stattfand.

Mit Urteil vom 29.08.2023 hat das BSG diese enge Auslegung des § 39 SGB V aufgegeben und lässt nunmehr für eine konkludente stationäre Aufnahme auch eine kurzzeitige Notfallbehandlung im erstangegangenen Krankenhaus bei zeitnaher Verlegung in ein anderes Krankenhaus ausreichen.

Eine solche konkludente stationäre Aufnahme eines Versicherten liegt demnach bei einer kurzzeitigen Notfallbehandlung im erstangegangenen Krankenhaus und nachfolgender zeitnaher Verlegung in ein anderes Krankenhaus auch dann vor, wenn der Einsatz der krankenhausspezifischen personellen und sächlichen Ressourcen im erstangegangenen Krankenhaus eine hohe Intensität aufweist. Für die rechtliche Qualifizierung eines kurzzeitigen, aber intensiven Mitteleinsatzes als vollstationäre Behandlung ist es deshalb unerheblich, dass die Diagnostik auch der Feststellung dient, ob das Krankenhaus in der Lage ist, selbst die kurative Behandlung einzuleiten oder fortzusetzen. Eine stationäre Notfallbehandlung liegt, so das BSG, demnach dann vor, wenn ein multidisziplinäres Team im Schockraum oder auf einer Stroke Unit zusammenkommt und die dort vorhandenen besonderen apparativen Mittel umfassend in erheblichem Umfang zum Einsatz kommen. Auch bloße Diagnosemaßnahmen können somit eine Aufnahme begründen, wenn verschiedene und in ihrem engen zeitlichen und örtlichen Verbund nur stationär verfügbare diagnostische Maßnahmen erfolgen, die ambulant regelmäßig nicht in gleicher Weise verfügbar sind.

In dem vom BSG entschiedenenFall stand dem klagende Krankenhaus damit gegenüber der beklagten Krankenkasse ein Anspruch auf Vergütung einer vollstationären Behandlung zu. Der Umstand, dass die Notwendigkeit einer Verlegung bereits nach kurzer Zeit feststand, ist für die Beurteilung dabei unerheblich, nachdem der bei der Beklagten versicherte Patient vorliegend unmittelbar auf die zertifizierte Schlaganfallstation gebracht wurde und umgehend Untersuchungen mit umfangreichen diagnostischen Maßnahmen eingeleitet wurden.