Das BAG hat in einem Urteil vom 19.06.2024 – Az.: 5 AZR 192/23 – festgestellt, dass die Weigerung von Pflegekräften, sich im Rahmen der Impfkampagne gegen Covid-19 impfen zu lassen, nicht zu einer Abmahnung führen durfte, da es sich dabei um höchstpersönliche Rechte der betroffenen Arbeitnehmer handelte. Die erfolgte Freistellung ohne Vergütung sei jedoch nicht zu beanstanden.

Im streitgegenständlichen Fall hatte sich eine Mitarbeiterin einer Altenpflegeeinrichtung (des Beklagten) nicht gegen SARS-CoV-2 impfen lassen und legte dem Beklagten entgegen der gesetzlichen Vorgabe weder einen Impfnachweis noch einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden könne, vor. Der Beklagte erteilte ihr deshalb eine Abmahnung und stellt sie ab dem 16.3.2022 bis auf Widerruf ohne Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit frei. In dieser Zeit war die Klägerin außerdem infolge einer Corona-Infektion arbeitsunfähig krank. Auch in dieser Zeit erhielt sie keine Lohnfortzahlung.

Mit ihrer Klage begehrte die Arbeitnehmerin nunmehr die Entfernung der ihr erteilten Abmahnung aus der Personalakte sowie die ausstehende Vergütung für März 2022.

Erstinstanzlich wurde die Klage hinsichtlich der begehrten Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte abgewiesen, das LAG gab ihr in zweiter Instanz statt. Auf die Revision des Beklagten wies das BAG die Klage auf Vergütung ab, die Abmahnung war hingegen zu entfernen.

Das BAG stellte fest, dass die Klägerin für die Zeit während ihrer Freistellung im März 2022 keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs habe, da sie trotz Anordnung ihrem Arbeitgeber – dem Beklagten – keinen Immunitätsausweis gemäß § 20a IfSG a.F. vorlegen konnte. Es sei ihr damit nicht möglich gewesen, die von ihr geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Diese sog. einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht sei auch verfassungsgemäß, wie das BVerfG bereits feststellte. Demnach sei nicht nur das Gesundheitsamt, sondern auch der Beklagte berechtigt gewesen, einer Person, die den geforderten Immunitätsnachweis nicht erbringen konnte, das Betreten der Einrichtung zu untersagen.

Auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall scheiterte an der Weigerung der Klägerin, den Immunitätsnachweis vorzulegen, nachdem damit ihre Erkrankung nicht die alleinige Ursache für den Verdienstausfall war (sog. Grundsatz der Monokausalität).

Jedoch habe die Klägerin einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte. Eine solche solle den Arbeitnehmer auf eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten hinweisen, ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auffordern und die möglichen Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung aufzeigen. Das Unterlassen der Vorlage eines Immunitätsnachweises nach § 20a Abs. 2 IfSG a.F. stelle jedoch keine abmahnfähige Pflichtverletzung dar. Das in Art. 2 Abs. 1 GG wurzelnde Selbstbestimmungsrecht der im Pflegebereich tätigen Personen, in freier Entscheidung eine Impfung gegen das Coronavirus abzulehnen, sowie deren Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG hatten Arbeitgeber als höchstpersönliche Entscheidung der Arbeitnehmer zu respektieren, so das BAG. Wegen des vom Beklagten zu achtenden besonderen Charakters dieser grundrechtlich geschützten Entscheidung der Klägerin erweise sich die Abmahnung als ungeeignetes Mittel zur Verhaltenssteuerung und stelle eine unangemessene Druckausübung dar. Sie sei daher als unverhältnismäßig anzusehen und entsprechend aus der Personalakte zu entfernen.