Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte sich im Rahmen eines Hinweisbeschlusses vom 08.07.2024 (Az. 5 U 22/24) mit der Frage auseinanderzusetzen, wem das Liquidationsrecht aus einer Wahlleistungsvereinbarung zustehen kann. Zudem griff das Gericht die Frage auf, wann eine Wahlleistungsvereinbarung im Krankenhaus wirksam ist und wie sich die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen im Hinblick auf Vertreterregelungen und deren Reichweite beurteilen lässt. Bestätigt wurden die dort getroffenen Auffassungen durch zwei hiervon unabhängige Urteile des BGH vom 13.03.2025.
Liquidationsrecht des Chefarztes oder des Krankenhausträgers?
In einem ersten Teil befasste sich das Gericht mit der Unterscheidung der verschiedenen Vertragstypen der Krankenhausbehandlung. Einerseits könne der Patient einen sog. „totalen Krankenhausaufnahmevertrag“ abschließen, bei dem alle Leistungen, auch Wahlleistungen, vom Krankenhaus erbracht und abgerechnet werden. Andererseits bestehe die Möglichkeit, einen gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag zu schließen, bei dem die ärztlichen Leistungen direkt vom Wahlarzt abgerechnet werden. Zuletzt könne der Patient auch einen totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag schließen, im Rahmen dessen die Leistungen grundsätzlich vom Krankenhaus erbracht werden, die wahlärztlichen Leistungen jedoch gemäß einem gesonderten Vertrag direkt durch den Wahlarzt erbracht werden.
Ob und inwieweit neben einer mit dem Krankenhaus getroffenen Wahlleistungsvereinbarung der jeweilige Wahlarzt in eine Vertragsbeziehung gegenüber dem Patienten eintritt, sei dann jedoch, so die Auffassung des Senats, eine Frage der Vertragsgestaltung im Einzelfall und hänge davon ab, welchem Vertragstyp der Krankenhausvertrag zuzuordnen ist. Hierbei stellt der Senat klar, dass ein Krankenhaus wahlärztliche Leistungen als eigene Leistungen erbringen und das Liquidationsrecht selbst ausüben könne, wenn keine Übertragung des Liquidationsrechts auf den Wahlarzt erfolgt ist. Immer dann, wenn es an der Übertragung des Liquidationsrechts auf den Wahlarzt fehle, müsse der Honoraranspruch in der synallagmatischen Leistungsbeziehung bei dem dann bezüglich der ärztlichen Wahlleistung allein leistungsverpflichteten Krankenhausträger verbleiben. Die (dienstvertragliche) Übertragung des Liquidationsrechts präsentiere sich vielmehr als Sonderregel, bei deren Eingreifen dem stets vertragsschließenden Krankenhaus ausnahmsweise kein originäres Liquidationsrecht für ärztliche Wahlleistungen (mehr) zustehe.
Diese Auffassung wurde zwischenzeitlich auch durch den BGH unabhängig von der Oldenburger Entscheidung bestätigt, der im Rahmen eines Urteils vom 13.3.2025 (Az. III ZR 426/23) entschied, dass ein Krankenhausträger im Rahmen eines sogenannten totalen Krankenhausaufnahmevertrags berechtigt ist, wahlärztliche Leistungen selbst nach der GOÄ (analog) abzurechnen, sofern er mit dem Patienten eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung getroffen hat. Demnach ist also nicht zwingend erforderlich, dass ein Chefarzt oder Wahlarzt ein eigenes Liquidationsrecht besitzt, was für die Vertragsgestaltung von Chefarztverträgen von Bedeutung sein wird.
Reichweite der Wahlleistungskette – Stellvertretervereinbarungen
Ein zweiter wesentlicher Punkt betrifft die Frage, inwiefern Vertreter des Wahlarztes wirksam in die Wahlleistungsvereinbarung einbezogen werden können. Hierzu führt der Senat unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des BGH nochmals aus und betont, dass der Patient mit dem Krankenhausträger wahlärztliche Leistungen im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes vereinbart, die (auch) darin zum Ausdruck kommen, dass der Arzt in dem Krankenhaus eine leitende Position innehat („Chefarztbehandlung“). Dem Patienten geht es somit in erster Linie darum, sich über den Facharztstandard hinaus, die Leistungen hochqualifizierter Spezialisten des Krankenhauses gegen ein zusätzliches Entgelt „hinzuzukaufen“ (vgl. BGH, Urt. v. 10.01.2019 – III ZR 325/17). Dies führt dazu, dass der Arzt, der gegenüber einem Patienten aus einer Wahlleistungsvereinbarung verpflichtet ist, seine Leistungen grundsätzlich selbst erbringen muss. Über die Delegation nachgeordneter Aufgaben hinaus darf der Wahlarzt im Fall seiner Verhinderung die Ausführung seiner Kernleistungen auf einen Stellvertreter nur dann übertragen, wenn er mit dem Patienten eine entsprechende Vereinbarung wirksam getroffen hat. Erforderlich ist somit eine gesonderte Stellvertretervereinbarung, die oftmals formularmäßig gestaltet ist und daher eine nachträgliche einseitige Leistungsbestimmung darstellt, welche an den AGB-rechtlichen Grundsätzen des § 308 Nr. 4 BGB zu messen ist. Sie ist nur wirksam, wenn die Änderung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für seinen Vertragspartner zumutbar ist (so auch schon BGH, Urt. v. 20.12.2007 – III ZR 144/07).
Im konkreten Fall hielt der Senat die namentliche Benennung von insgesamt 13 Wahlärzten sowie deren Stellvertretern noch für hinreichend bestimmt und mit § 308 Nr. 4 BGB vereinbar. Dies lag daran, dass es sich bei der klägerischen Klinik um ein hochspezialisiertes Krankenhaus handelte, in der es bestimmte Fachbereiche gibt, die in Untergruppen mit besonderer Expertise geführt werden. Dies entspreche -so der Senat- gerade dem wohlverstandenen Interesse des Patienten. Denn für diesen sei eine möglichst vollständige Abdeckung der verschiedenen Fachbereiche objektiv betrachtet von Vorteil, da eine spezifische Erkrankung gerade über den üblichen (allgemeinen) Facharztstandard hinaus entsprechend adressiert werden könne.
Praxishinweis
Bei der Abfassung von Wahlleistungsvereinbarungen ist daher weiterhin erhöhte Vorsicht geboten und auf eine gründliche und transparente Formulierung zu achten. Auch die Benennung mehrerer Vertreter in einer Wahlleistungsvereinbarung kann zulässig sein, wenn diese Vertreter namentlich und funktionsbezogen benannt sind und deren besondere fachliche Spezialisierung eine breitere Fächerung erfordere. Auch der BGH hat im Rahmen zweier Urteile vom 13.05.2025 (Az. III ZR 426/23 und III ZR 40/24) im Grunde diese Auffassung bestätigt, jedoch nochmals ausdrücklich betont, dass eine lediglich pauschale Stellvertreterregelung ohne besondere Bedingungen nichtig sei, da Kern der Wahlleistungsvereinbarung ja gerade die Behandlung durch den entsprechenden Wahlarzt sei. Dies darf auch weiterhin nicht unterlaufen werden.
Sofern diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist die Wahlarztvereinbarung insgesamt nichtig und die Leistungen können nicht gesondert vergütet werden. Im Falle einer zulässigen Wahlarztvereinbarung kann jedoch eine Liquidation der wahlärztlichen Leistungen je nach vertraglicher Konstellation entweder durch den liquidationsberechtigten Wahlarzt oder -wie nunmehr klargestellt wurde- durch die Klinik selbst erfolgen.