Der Umgang mit schwangeren Mitarbeiterinnen stellt Arbeitgeber immer wieder vor rechtliche und tatsächliche Fragen: Welche Schutzmaßnahmen sind zu treffen, wann gelten Beschäftigungsverbote und wann und wie lange greift der besondere Kündigungsschutz? Eine kleine Übersicht:
Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen
Grundsätzlich sind alle Arbeitgeber verpflichtet, eine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung durchzuführen (§ 10 MuSchG, § 5 ArbSchG) im Rahmen derer die betrieblichen Tätigkeiten auf etwaige Gefährdungen zu überprüfen sind. Das Mutterschutzgesetz stellt hier einen Katalog unzulässiger Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für Schwangere und Stillende auf. Konkret bedeutet das für die Arztpraxis: keine Blutabnahmen, keine Spritzen geben, kein Umgang mit kontaminiertem Instrumentarium oder infektiösen Wunden, keine OP-Assistenz und auch kein Umlagern von Patienten.
Neu ab 2025 ist der AfMu, der Ausschuss für Mutterschutz, angesiedelt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Dieser veröffentlicht auf seiner Homepage sogenannte „Regeln“. Diese Regeln haben Vermutungswirkung, was bedeutet, dass eine Tätigkeit, die in einer Regel aufgeführt ist, als unzulässig während der Schwangerschaft oder Stillzeit gilt. Die anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung des Arbeitgebers kann dann unter Bezugnahme auf die Regel für die einzelne konkrete Tätigkeit entfallen.
Eine unzulässige Tätigkeit führt allerdings nicht dazu, dass die Schwangere generell nicht (mehr) arbeiten darf. Zunächst sind die Arbeitsbedingungen durch entsprechende Schutzmaßnahmen umzugestalten; bei einem Ausschluss der Gefährdung ist die Weiterbeschäftigung möglich. Nur wenn dies nicht möglich oder mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden ist, ist die Versetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz möglich. In der Praxis kann dies z.B. durch die Übernahme von Verwaltungstätigkeiten geschehen. Nur als ultima ratio ist ein betriebliches Beschäftigungsverbot für diese konkrete Tätigkeit auszusprechen. Weitere Schutzmaßnahmen finden sich im Gesetz, so etwa die eingeschränkten Arbeitszeiten von nur 8,5h täglich, das Einhalten von Ruhezeiten, das Nachtarbeitsverbot oder die Freistellung für Untersuchungen oder zum Stillen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Beschäftigungsverbot ist nicht gleich Beschäftigungsverbot
Neben dem bereits angesprochenen, auf eine konkrete Einzeltätigkeit beschränkten betrieblichen Beschäftigungsverbot sind noch das ärztliche Beschäftigungsverbot sowie das gesetzliche Beschäftigungsverbot zu nennen. Ersteres greift, wenn die konkrete Tätigkeit aus ärztlicher Sicht medizinisch nicht zu vertreten ist. Der behandelnde Arzt entscheidet, ob er die Schwangere entweder arbeitsunfähig krankschreibt oder ein Beschäftigungsverbot ausspricht. Dies hat wesentliche wirtschaftliche Konsequenzen: bei der Krankschreibung erfolgt Lohnfortzahlung im Krankheitsfall mit den gesetzlichen Beschränkungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Bei einem Beschäftigungsverbot greifen die mutterschutzrechtlichen Vorschriften und es kommt zum Anspruch auf Mutterschutzgeld.
Bei dem gesetzlichen Beschäftigungsverbot ist Vorsicht geboten: die Schutzfrist des § 3 MuSchG greift ab 6 Wochen vor Entbindungstermin. Die Schwangere kann sich jedoch weiterhin ausdrücklich zur Arbeit bereit erklären. Nach der Entbindung gelten im Regelfall acht, in besonderen Ausnahmefällen zwölf Wochen nach Entbindungstermin als ausnahmslos zwingende Schutzfrist. Diese kann nicht verkürzt werden.
Kündigungsschutz
Wohl am ehesten bekannt ist der Kündigungsschutz während der Schwangerschaft. Ganz einfach formuliert gilt dieser von Beginn der Schwangerschaft bis mindestens vier Wochen nach dem Entbindungstermin. Grundsätzlich bedarf es hier der Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft. Es genügt allerdings, wenn der Arbeitgeber binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung von der Schwangerschaft Kenntnis erhält. Selbst wenn die Schwangere selbst noch keine Kenntnis von der Schwangerschaft hat, gilt wegen § 5 Kündigungsschutzgesetz, dass eine Kündigungsschutzklage ausnahmsweise auch nachträglich zulässig sein kann, wenn sie binnen zwei Wochen nach Kenntnis der Schwangerschaft durch die Schwangere gestellt wird. Nur ausnahmsweise und mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörde kann eine Schwangere gekündigt werden.
Mutterschutz nach Fehlgeburt neu geregelt
Die wesentlichste Neuerung ist eine gesetzliche Neuregelung der mutterschutzrechtlichen Vorgaben nach einer Fehlgeburt. Hier gilt fortan ein gestaffelter Mutterschutz, abhängig davon, wann die Schwangere eine Fehlgeburt erleidet: bei einer Fehlgeburt ab der 13. SSW greift ein Mutterschutz bis zu zwei Wochen, bei einer Fehlgeburt ab der 17. SSW bis zu 8 Wochen und bei einer Fehlgeburt ab der 20. SSW bis zu 8 Wochen. Hierbei handelt es sich nicht um einen Automatismus, sondern um eine sogenannte „selbstbestimmte Schutzfrist“ die nur auf Antrag der Schwangeren eingreift. Die Betroffene soll also selbst entscheiden können, ob sie arbeiten möchte oder nicht. Denn Ziel dieser Schutzfrist ist die Erholung von körperlichen und seelischen Belastungen einer Fehlgeburt. Hier gilt der Merksatz: je später die Fehlgeburt, desto länger der Mutterschutz.
Praxistipp
Die Regelungen zum Mutterschutz sind umfangreich und gerade im medizinischen Bereich nicht zu unterschätzen. Wichtig ist hier eine gute Kenntnis der Regularien und die umfangreiche Vorsorge im Sinne einer umfassenden Gefährdungsbeurteilung.
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