Aufklärung und Einwilligung bieten immer wieder Konfliktpotenzial in arzthaftungsrechtlichen Streitigkeiten. Nun hat das Oberlandesgericht Dresden mit Beschluss vom 10.11.2023 (Az. 4 U 906/23) zum Thema des Umfangs der Aufklärung sowie nochmals zur Rechtzeitigkeit der Patienteneinwilligung Stellung genommen.

Der Entscheidung lag ein Rechtsstreit zugrunde, im Rahmen dessen eine Patientin sowohl vor dem Landgericht, als auch in der Berufungsinstanz rügte, nicht hinreichend über die bei der durchgeführten Implantation einer Knietotalendoprothese (Knie-TEP) bestehenden Risiken aufgeklärt worden zu sein. Insbesondere sei der operative Eingriff nicht hinreichend dargestellt und Behandlungsalternativen nicht umfassend aufgezeigt worden.

Rechtslage und Rechtsprechung:

Grundsätzlich sind Behandelnde nach § 630e Abs. 1 BGB verpflichtet, ihre Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören Art, Umfang, Durchführung, Folgen und Risiken der Maßnahme. Die Aufklärung muss nach § 630e Abs. 2 BGB für den Patienten verständlich sein, mündlich und so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann. Das OLG Dresden hat hierzu im Rahmen seiner Entscheidung die Grenzen der Aufklärungspflicht nochmals konkretisiert: die medizinische Verlaufsaufklärung müsse nur „im Großen und Ganzen“ erfolgen. Die Darlegung einzelner Schritte einer Operation zähle hierzu regelmäßig ebenso wenig wie die Größe einer vorgesehenen Prothese. Das bedeute -so die Dresdner Richter- dass die Verlaufsaufklärung nicht medizinisches Detailwissen vermitteln solle, sondern nur die wesentlichen Punkte enthalten muss, um dem Patienten eine ergebnisbezogene Entscheidungsgrundlage zu geben. Der Behandelnde müsse daher seinen Patienten im Allgemeinen nicht ungefragt erläutern, welche Behandlungsmethoden theoretisch in Betracht kommen und was für und gegen die eine oder andere dieser Methoden spricht, solange er eine Therapie anwendet, die dem medizinischen Standard entspricht. Die Risiken müssen deshalb nicht medizinisch exakt und in allen denkbaren Erscheinungsformen mitgeteilt werden. Vielmehr genüge, wenn die Stoßrichtung der Risiken zutreffend dargestellt werde.

In Bezug auf die Rechtzeitigkeit der Aufklärung bleibt das OLG Dresden auf der Linie des BGH: Die gesetzliche Regelung des § 630e Abs. 2 Nr. 2 BGB sieht keine vor der Einwilligung stets einzuhaltende „Sperrfrist“ vor und enthält auch kein Erfordernis, wonach zwischen Aufklärung und Einwilligung ein bestimmter Zeitraum liegen muss. Solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Patient zu einer Einwilligung gedrängt wurde und daher innerlich frei entscheiden konnte, kann auch eine Einwilligung noch am Operationstag rechtzeitig sein.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG Dresden macht nochmals deutlich, dass die Anforderungen an Aufklärung und Einwilligung nicht überstrapaziert werden und keine unbillig hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Umfangs und des Zeitpunkts. Die ordentliche Dokumentation der (immer mündlich zu erfolgenden!) Aufklärung bildet dennoch zentrales Element und ist für etwaige Haftungsprozesse zum Zwecke der Beweisführung unentbehrlich. Denn das OLG Dresden stellt beiläufig klar, dass ein vom Patienten unterzeichnetes Aufklärungs- und Einwilligungsformular ein wesentliches Indiz für den Inhalt der dem Patienten erteilten Aufklärung darstelle – in positiver wie auch negativer Hinsicht.